Erlaubte (Mubah) Handlungen im Gebet

Beim Gebet jemanden daran hindern, vor einem vorbeizugehen

‚Abu Sa’id al-Hudriyy berichtet, dass der Gesandte Allahs (Frieden und Segen auf ihm) sagte:

إذا صلى أحَدُكُمْ إلى شَيْءٍ يَسْتُرُهُ مِنْ النَّاسِ فَأراد أحد أن يجتاز بين يديه فليدْفَعْ فِي نَحْرِهِ فَإِن أَبى فَلْيُقَاتِلة فَإِنَّمَا هُوَ الشَّيْطَانُ

Wenn jemand von euch in Richtung von etwas betet, das ihn von den Leuten abschirmt und dann jemand dazwischen vorbeilaufen will, soll er gegen dessen Brust stoßen. Wenn er sich weigert, soll er ihn bekämpfen, denn dann ist er der Satan.“

Lässt man zu, dass jemand vorbeiläuft, tragen davon zwei Leute Schaden: zum einen der Betende, der von seiner Konzentration abgehalten wird, und zum anderen der Vorbeilaufende, der damit eine Sünde begeht. Der Gesandte Allahs (Frieden und Segen auf ihm) sagte:

لَوْ يَعْلَمُ الْمَارُ بين يدي المُصلّى ماذا عليه لكان أن يقف أربعين خَيْرٌ لَهُ مِنْ أَنْ يَمْرُ بَيْن يَدَيْهِ قَال أَبو النضر لا أدري قال أرْبَعِينَ يَوْمًا أَوْ شَهْرًا أَوْ سَنة

..Wenn der vor dem Betenden Vorbeilaufende wüsste, was ihn erwartet, dann wäre es besser für ihn, 40 abzuwarten, als dort zu laufen.“ (Der Überlieferer) ‚Abu an-Nadr sagte: „Ich weiß nicht, ob er 40 Tage, Monate oder Jahre gesagt hat.“

Bemerkt man, dass jemand vor einem vorbeilaufen will, darf man nicht gleich handgreiflich werden, sondern soll denjenigen erst leicht darauf aufmerksam machen, indem man einfach nur seine Hand ausstreckt, denn manche sind mit den Gedanken gerade woanders und lassen sich gerne abhalten, wenn man sie darauf aufmerksam macht.

Sollte der Vorbeilaufende nicht von seinem Vorhaben absehen, drückt man ihn weg. Wenn er sich weigert, „bekämpft“ man ihn. Damit ist laut den allermeisten Gelehrten gemeint, dass man ihn wenn nötig unter Körpereinsatz, davon abhalten soll, vor einem zu laufen. Gelingt es dem Betenden nicht, lastet die Sünde auf dem Laufenden. Handelt es sich beim Vorbeilaufenden oder auch beim Betenden allerdings um einen Blinden, so lastet auf diesem deswegen keine Sünde. Wenn es sehr dringlich ist und man es nicht vermeiden kann, darf man über die Leute im Sujud „steigen“, da hier der Hadith nicht greift.

Tiere

Es gibt weiterhin auch Regelungen für Tiere. Dabei wird unterschieden zwischen:

  1. Tieren, die man abwehren kann
  2. Tieren, die man nicht abwehren kann. Dazu gehören z.B. Vögel
  3. Tieren, die man im Stehen nur abwehren kann, wenn man dazu seine Position verlässt. Dazu gehören z. B. Katzen

Man soll die Tiere entweder mit dem Fuß abwehren, oder gegebenenfalls nach vorne gehen, bis man die Wand erreicht hat.

عَنْ عَمْرُو بْن شُعَيْبِ عَنْ أَبِيهِ عَنْ جَدِّهِ قَالَ هَبْطنَا مَعَ رَسُولِ اللهِ صَلَّى اللهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ مِنْ ثنية اذاخِرَ فَحَضرَتْ الصَّلاةُ يَعْنِي فَصَلَّى إلى جدَارٍ فَاتَّخَذَه قبْلَهُ وَنَحْنُ خَلْفَهُ فَجَاءَتْ بَيْمَةُ تَمُرُّ بَيْن يَدَيْهِ فَما زال يُدَارئها حَتَّى لصق بَطْنَه بِالْجِدَارِ وَمَرَّتْ مِنْ وَرَائِهِ

Der Urgroßvater von Amr Ibn Su’ayb sagte: „Wir ließen uns beim Bergpfad Adahir nieder. Dann traf die Gebetszeit ein (und der Prophet betete – in Richtung einer Wand). Er nahm dies als seine Sutrah und wir waren hinter ihm. Dann kam ein kleines Lammweibchen, das vor ihm vorbeilaufen wollte. Er wehrte es dann so lange ab, bis er mit seinem Bauch schon an der Wand war und es hinter ihm vorbeilief.“ […]

Eine Sutrah (wörtlich: „Schirm, Abdeckung“) ist ein Gegenstand, der von einer Person, die das Gebet verrichtet, als Barriere zwischen sich und demjenigen, der vor ihr vorbeigeht, verwendet wird. Sollte der oder das Vorbeigehende schon vorbeigegangen sein, muss man nichts mehr tun.

Hinter der Sutrah darf vorbeigelaufen werden

عَنْ مُوسَى بْنِ طَلْحَةَ عَنْ أَبِيهِ طَلْحَةَ بْنِ عُبَيْدِ اللَّهِ قَالَ قَالَ رَسُولُ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ إِذَا جَعَلْتَ بَيْنَ يَدَيْكَ مِثْلَ مُؤَخِّرَةِ الرَّحْلِ فَلَا يَضُرُّكَ مَنْ مَرَّ بَيْنَ يَدَيْكَ

Talhah Ibn ‚Ubaydillah berichtet, dass der Gesandte Allahs sagte: „Wenn du vor dir etwas hinlegst, wie die Rückenlehne am Ende eines Kamelsattels, dann schadet dir nichts, was dahinter läuft.“

Wie ist es, wenn jemand ohne Sutrah betet?

Sunnah ist es, die Sutrah so zu setzen, dass zwischen der Stelle, an der man im Suğūd seinen Kopf aufsetzt und der Sutrah ein Schaf vorbeilaufen könnte. Läuft also jemand außerhalb dieses Abstandes an einem Betenden vorbei, ist dies kein Problem.

Wenn Kinder vor dem Betenden herumlaufen

Der Betende soll Kinder davon abhalten, vor ihm herumzulaufen. Handelt es sich um ein freiwilliges Gebet und eine Frau wird von ihrem Kleinkind gestört, darf sie sich bücken und ihr Kind aufnehmen und es tragen.

Grundlos zwischen den Reihen herumlaufen

Die Sutrah des Imams ist auch die Sutrah des Ma’mums. Wenn also jemand vor dem Ma’mum läuft, braucht man ihn nicht aufzuhalten, es sei denn, dies geschieht grundlos. In diesem Fall sind manche Gelehrte der Ansicht, dass man ihn aufhalten soll, weil er andere aus der Konzentration bringt.

Die ‚Ayat zählen

Wenn man beim Qur’anlesen die ‚Ayat mit den Fingern zählen möchte, so ist dies erlaubt, denn dies wurde überliefert. Manchmal möchte man nämlich wissen, wie viele ‚Ayat man gelesen hat, um gerade zusammen mit dem Nachtgebet eine bestimmte Belohnung zu erreichen. Aber besser für die Demut ist es, dies zu unterlassen, bis man sich sicher ist, dass die diesbezügliche Überlieferung authentisch ist.

Dem Imam beim Qur’anlesen weiterhelfen bzw. ihn korrigieren

Wenn der eigene Imam beim Lesen einen Fehler macht oder nicht mehr weiter weiß, so ist es dem Ma’mum gemäß der Mehrheit der Gelehrten erlaubt, ihm die Ayah korrekt vorzusagen, so dass er weiterlesen kann. Doch nicht sofort: Wenn der ‚Imam still ist, bedeutet dies nicht immer, dass er nicht weiterweiß. Manchmal hält er an, um nachzudenken. Man soll ihm deshalb ein wenig Zeit geben, auch, damit er sich gegebenenfalls selbst korrigieren kann. Es kann auch sein, dass er am Ende einer Ayah stehenbleibt, weil er danach in den Ruku‘ übergehen will.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass manche dem ‚Imam die Korrektur von weit hinten zurufen. Vorrangig sollten dies diejenigen in den vorderen Reihen tun. Wenn der ‚Imam einen ohnehin nicht hören kann, ist es erst recht unnötig.

Hört man beim Gebet, dass sich eine in der Nähe betende Person beim Lesen irrt, so haben manche Gelehrte erlaubt, dass man auch in diesem Fall korrigiert, obwohl man gar nicht zusammen betet. Die Begründung ist, dass es bei jedem Lesen um die Verherrlichung des Qur’an und um dessen Bewahrung vor Fehlern geht. Insofern spielt es keine Rolle, ob es der eigene ‚Imam ist, der sich irrt oder eine danebenstehende Person.

Ein Kleidungsstück anziehen

Man darf während des Ṣalah etwas anziehen, unter der Bedingung, dass dazu nicht viele Bewegungen nötig sind. Das sich Einhüllen in ein Gewand nimmt nicht so viel Bewegungen in Anspruch wie z. B. das Anziehen eines Hemdes oder T-Shirts.

Darauf aufbauend darf man, wenn nötig, seine Kleider in Ordnung bringen. So wird man beispielsweise den verrutschten Turban zurechtrücken, damit man sich richtig niederwerfen kann.

Den Turban wickeln

Auch seinen aufgegangenen Turban darf man wieder wickeln, um zu verhindern, dass er sich löst und beim Beten stört.

Das Töten von Schlangen, Skorpionen und Läusen

Der Betende darf Schlangen und Skorpione töten und dadurch aus dem Ṣalah austreten, wenn viele Bewegungen erforderlich sind:

عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ قَالَ قَالَ رَسُولُ اللَّهِ صَلَّى اللهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ اقْتُلُوا الْأَسْوَدَيْنِ فِي الصَّلَاةِ الْحَيَّةَ وَالْعَقْرَبَ

‚Abu Hurayrah berichtet, dass der Gesandte Allahs sagte: „Tötet im Gebet die beiden Schwarzen – die Schlange und den Skorpion!“

Dies ist ein Beweis für die Gnade der Gesetzgebung Allahs, denn dürfte man dies nicht, wäre man nicht nur einer Gefahr ausgesetzt, sondern könnte sich auch nicht auf das Gebet konzentrieren. Insofern passt dieser Ḥadith in die Kategorie ,,Das kleinere Übel in Kauf nehmen“. Dies ist ein Prinzip, das wir aus dem Qur’an kennen, aus der Geschichte von Musa und seinem Gefährten, als letzterer ein Schiff beschädigte:


أَمَّا السَّفِينَةُ فَكَانَتْ لِمَسَكِينَ يَعْمَلُونَ فِي الْبَحْرِ فَأَرَدتُ أَنْ أَعِيبَهَا وَكَانَ وَرَاءَهُم مَّلِكُ يَأْخُذُ كُلَّ سَفِينَةٍ غَصْبًا


,,Was das Schiff angeht, so gehörte es Armen, die auf dem Meer arbeiteten. Ich wollte es schadhaft machen, denn ein König war hinter ihnen her, der jedes Schiff mit Gewalt wegnahm.“ (18:79)

Das Schiff zu beschädigen war das geringere Übel, da dadurch verhindert werden konnte, dass der König es ihnen wegnahm.

Sein Leben zu retten und sich nicht vergiften zu lassen hat Vorzug gegenüber dem Unterbrechen des Salah. Kann man beispielsweise mit einem Stock, den man direkt neben sich hat, den Skorpion töten, so wären dazu nur wenige Bewegungen nötig und man könnte anschließend weiterbeten.

Bei diesem Hadit geht es um ein Prinzip: So darf man, wenn man z. B. einen Löwen sieht, fliehen oder sich eine Waffe nehmen und sich verteidigen. Oder wenn man einen Blinden sieht, der beinahe in ein Loch fällt, darf bzw. muss man ihn davor retten, indem man hinläuft oder laut ruft. Auch wenn eine Mutter eine Gefahr für ihr Kleinkind sieht, gilt dieses Prinzip. Sogar der Gesandte Allāhs hat einmal im Gebet gesprochen, als ihm ‚Iblis, der Verdammte, eine Feuerglut in die Hand geben wollte, worauf der Gesandte Allahs (Frieden und Segen auf ihm) dreimal sagte:

أَلْعَنُكَ بِلَعْنَةِ اللَّهِ التَّامَّة

Ich verfluche dich mit Allahs vollkommenem Fluch!


Anders verhält es sich in jenem Fall, in dem man während des Kampfes beten muss, weil die Zeit drängt. Hier spielt die Anzahl der Bewegungen keine Rolle, denn Allah sagt:

فَإِنْ  خِفْتُمْ فَرِجَالاً أَوْ رُكْبَانًا

„Doch wenn ihr in Furcht seid, dann betet zu Fuß oder im Reiten.“ (2:239)

Sind es viele Bewegungen, muss man das Gebet danach neu beginnen. Die einzige Ausnahme hiervon ist das Gebet während des Kampfes. Viel und wenig hängt von manchen Gelehrten davon ab, ob dies im Allgemeinen als viel oder wenig angesehen wird.

Auch Läuse darf man im Gebet töten, wenn sie einen stören, aber auch dann, wenn man sie auf der Kleidung sieht und befürchtet, sie könnten einen demnächst stören. Wenn sie einen allerdings nicht stören und man warten kann, so ist es besser, sich nicht zu bewegen. Das Töten einer Laus mit zwei Fingern erfordert indessen nur geringe Bewegung.

Vom Ende oder aus der Mitte einer Surah lesen

Beides ist erlaubt: Weder muss man eine Surah von Anfang an lesen noch ist es notwendig, eine Surah zu Ende zu lesen.

Durch Lobpreisung bzw. Klatschen auf etwas aufmerksam machen

Will ein Mann als Ma’mum auf etwas aufmerksam machen, darf er dies durch das Aussprechen von ,,Subhanal-Lah“ tun, was so viel bedeutet wie: „Frei ist Allah von jeglichem Mangel!“ Dies kann man z. B. tun, wenn jemand an die Tür klopft, oder um sein Kind auf eine Gefahr aufmerksam zu machen u. Ä. Auch wenn der ‚Imam auf etwas hingewiesen werden soll, darf man hiervon Gebrauch machen, z. B. wenn der ‚Imam nach dem zweiten Suğud aufsteht, obwohl er sich hinsetzen müsste, weil es bereits die letzte Rak’ah ist. Sie nutzt diese Geste allerdings nicht, um den ‚Imam beim Lesen zu korrigieren, selbst wenn er einen Fehler macht.

Den Salam während des Gebets erwidern

Man darf im freiwilligen Gebet den Gruß eines Muslims erwidern. Dabei zeigt man mit der rechten Hand so, dass die Handfläche zum Boden zeigt.  Grundsätzlich sollte man aber einen Betenden nicht Grüßen, um ihn nicht abzulenken.

Beim Qur’an-Lesen Bittgebete sprechen

Hudayfah berichtet Folgendes über den Propheten (Frieden und Segen auf ihm):

وَمَا مَرَّ بِآيَةٍ رَحْمَةٍ إِلَّا وَقَفَ عِنْدَهَا فَسَأَلَ وَلَا بِآيَةٍ عَذَابٍ إِلَّا وَقَفَ عِنْدَهَا فَتَعَوَّذَ

„Und immer, wenn er zu einer ‚Ayah über Barmherzigkeit kam, machte er Halt und sprach ein Bittgebet, und immer, wenn er zu einer ‚Ayah über Strafe kam, machte er Halt und suchte Zuflucht.“

Doch dies wurde nur in Bezug auf Nafilah-Gebete bzw. freiwillige überliefert.

Mit Schuhen beten

Es ist für einen Muslim erlaubt, in Schuhen zu beten, denn:

عَنْ سَعِيدٍ أَبِي مَسْلَمَةَ، قَالَ: سَأَلْتُ أَنَسًا: أَكَانَ النَّبِيُّ صَلَّى اللهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ يُصَلِّي فِي نَعْلَيْهِ؟ قَالَ: نَعَم

Sa’id ‚Abu Salamah sagte: Ich fragte ‚Anas: ,,Pflegte der Prophet in seinen Schuhen zu beten?“

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sich an den Schuhen keine Nagasah befindet. Wenn aber eine Moschee mit einem Teppich ausgelegt ist, dann ist es eher eine Bid’ah als eine Sunnah, darauf mit Schuhen zu beten, denn wenn überhaupt, betete der Gesandte Allahs mit Schuhen auf dem nackten Boden und nicht auf einem Teppich.