Das Gebet des Entschuldigten

Das Gebet des Kranken

Ein Kranker soll im Stehen beten, wenn möglich. Wenn er nicht stehen kann, darf er im Sitzen oder liegend beten, basierend auf der Aussage des Gesandten Allahs (Frieden und Segen auf ihm):

صَلِّ قَائِمًا فَإِنْ لَمْ تَسْتَطِعْ فَقَاعِدًا فَإِنْ لَمْ تَسْتَطِعْ فَعَلَى جَنْبٍ 
“Bete im Stehen, wenn du nicht kannst, dann im Sitzen, und wenn du nicht kannst, dann auf der Seite liegend.”

Kann man nicht stehen, weil man z. B. an den Beinen gelähmt ist, darf man im Sitzen beten, denn Allah sagt

لَا يُكَلِّفُ اللَّهُ نَفْسًا إِلَّا وُسْعَهَا
„Allah fordert von keiner Seele etwas über das hinaus, was sie zu leisten vermag.“ (2:286)

Wenn man anfangs noch stehen kann, darf man erst sitzend weiterbeten, sobald das Stehen zu anstrengend wird. Dies basiert auf einem Beispiel des Propheten (Frieden und Segen auf ihm), der sein Gebet im Sitzen begann und später aufstand. Dies gilt also auch für den umgekehrten Fall.

Wenn man sitzt ist es besser in der sogenannten Iftiras-Form (wie das Sitzen, während des Tashahhud) zu sitzen. Beim Sitzen legt man seine rechte Hand auf die Linke, genauso wie im Stehen. Wenn es einem einfacher fällt, darf man aber auch im Schneidersitz sitzen.

Auf dem Stuhl sitzen

Auf dem Stuhl zu sitzen fällt nicht unter die Anordnungen des Gesandten Allahs. Es ist eine Stufe zwischen dem Stehen und dem Sitzen auf dem Boden und führt zu einer ungeraden Gebetsreihe. Orientiert man sich an den Vorderbeinen des Stuhls, stört man seinen Hintermann.  Nach manchen Gelehrten hat man sich so hinzusetzen, dass man mit seinem Oberkörper mit den anderen Ma‘mun (diejenigen, die dem Imam im Gebet folgen) in einer Reihe ist, denn an-Nu’mān Ibn Bašīr sagte:

كَانَ النَّبِيُّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ يُسَوِّينَا فِي الصُّفُوفِ كَمَا يُقَوَّمُ الْقِدْحُ حَتَّى إِذَا ظَن أَنْ قَدْ أَخَذْنَا ذَلِكَ عَنْهُ وَفَقِهْنَا أَقْبَلَ ذَاتَ يَوْمٍ بِوَجْهِهِ إِذَا رَجُلٌ مُنْتَبِذٌ بِصَدْرِهِ فَقَالَ لَتُسَونَّ صُفُوفَكُمْ أَوْ لَيُخَالِفَنَّ اللَّهُ بَيْنَ وُجُوهِكُمْ

 An-Nu’man Ibn Bašīr sagte: „Der Prophet pflegte unsere Gebetsreihen wie einen Pfeil auszurichten. Als er überzeugt war, dass wir dies nun gelernt und verstanden hatten, wandte er sich (uns) eines Tages (zu), als ein Mann mit seiner Brust zu weit vorragte. Dann sagte er: Entweder ihr gleicht eure Reihen an oder Allah wird dafür sorgen, dass sich eure unterscheiden!“

Ursprünglich gesehen orientiert man sich am Oberkörper. Dass die Füße in einer Reihe stehen, ist davon abgeleitet. Deshalb sagen manche Gelehrte: Wenn es möglich ist, beginnt man in der Qiyam-Position mit dem Şalah, während die Vorderbeine des Stuhls in der Reihe stehen. Dann, wenn man sich hinsetzen will, schiebt man den Stuhl etwas nach vorne. Kann man den Stuhl nicht bewegen, lässt man ihn die ganze Zeit über vorne, denn diese Position braucht man meistens.

Während des Gebetes auf einem Stuhl zu sitzen ist demjenigen erlaubt, dem es z. B. aufgrund von Knie- oder andern Problemen zu schwerfallen würde, auf dem Boden zu sitzen. Wer auf einem Stuhl sitzend betet, beginnt das Gebet, sofern er kann, im Stehen. Dann bleibt er so lange stehen, bis es zu anstrengend wird. Spricht man den Tahrim-Takbir im Sitzen, obwohl man hätte stehen können, ist das Gebet ungültig.

Wie man sich verbeugt und niederwirft

Wenn man im sitzen betet, beugt man seinen Körper für den Suğud und den Rukuh, für den Suğud dabei mehr. Sollte man auch dazu nicht imstande sein, soll man mit den Augen auf den Ruku‘ und Suğud hinweisen.

Liegend beten

Kann man auch nicht im Sitzen beten, betet man liegend. Nach manchen Gelehrten soll man auf der rechten Seite liegen und das Gesicht in Richtung Qiblah wenden. Wer allerdings nicht auf seiner rechten Seite liegen kann, darf sich natürlich auf die Linke drehen. Kann man gar nicht auf der Seite liegen, betet man auf dem Rücken liegend, mit den Beinen in Richtung Qiblah und mit dem Gesicht nach oben. Man sollte versuchen, seinen Oberkörper leicht anzuheben, soweit es möglich ist.

Könnte man Schaden durch das Gebet im Stehen erleiden, ist es auch erlaubt, im Stehen bzw. Liegen zu beten. Hier sei darauf hingewiesen, dass bei den Pflichtgebeten nur diejenigen Rukn-Handlungen ausfallen und im Sitzen gemacht werden dürfen, die man nicht ordnungsgemäß umsetzen kann, die anderen nicht. Das bedeutet z. B., dass man sich auf den Boden niederwerfen muss, wenn man dies kann, auch wenn man nicht stehen kann usw.

Für solche Angelegenheiten, in denen man einen noch nicht vorhandenen Schaden befürchtet, ist ein muslimischer ‚Adl-Arzt (unbescholtener Arzt) erforderlich. Ist kein unbescholtener Arzt vorhanden, sucht man denjenigen, dem man am meisten vertraut. Ist kein muslimischer Arzt vorhanden, sucht man den vertrauenswürdigsten nicht-muslimischen Arzt. Dies, weil das Zeugnis eines Nichtmuslims in religiösen Angelegenheiten grundsätzlich vorbelastet ist. 

Ohnmacht

Ein Bewusstloser ist während der Ohnmacht nicht mukallaf und deshalb wie ein geistig Kranker zu behandeln ist: Er muss also die versäumten Gebete nicht nachholen. Bei einer Vollnarkose oder einem künstlichen Koma ist es anders: Wenn dem Patienten also ein Mittel verabreicht wurde, durch das er sein Bewusstsein verliert, muss er seine Gebete nachholen.

Auf dem Schiff beten

Kann man auf dem Schiff gefahrlos im Stehen beten, muss man dies tun. Ist man durch zum Beispiel Sturm oder Wellen gefährdet, darf im Sitzen gebetet werden, aber nur wenn man davon ausgehen kann, dass man das Gebet zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr beten kann.

Auf dem Reittier beten

Man darf ein Fard-Gebet auf dem Reittier verrichten, falls man befürchtet, beispielsweise durch nassen oder matschigen Boden Schaden zu erleiden, wenn man absteigen würde. Wenn man jedoch keinen Schaden befürchten muss, soll man normal beten.

Das Gebet des Reisenden

Da Reisen im Allgemeinen Strapazen verursachen, sowohl körperliche als auch seelische, hat die Gesetzgebung der Barmherzigkeit dem Reisenden einiges erleichtert. Dies zeigt sich in folgenden Punkten: Die Bedeutung des arabischen Wortes ,,Safar“ (Reise)  Der Begriff „Safar“ stammt vom Verb,,’asfara“, was so viel bedeutet wie „klar und deutlich werden“.

Allah sagt:

وَالصُّبْحِ إِذَا أَسْفَرَ

„Und bei dem Morgen, wenn er deutlich wird (‚asfara)!“ (74:34)

Man sagt, dass eine Reise auf Arabisch „Safar“ heißt, weil durch die Strapazen der Reise der wahre Charakter eines Menschen deutlich wird. Man erkennt, wie geduldig, standhaft, schwach, stark oder ängstlich er ist. 


Ab wann gilt man als Reisender

Man ist erst auf Reise, wenn man sich außerhalb seines Wohnorts befindet. Es wird zwischen Stadt- und Landbewohner unterschieden:


Stadtbewohner

Fall 1: Wenn die Häuser der Stadt eng aneinander gebaut sind und man klar das letzte Haus der Stadt erkennen kann, ist man reisend, sobald man dieses letzte Haus hinter sich gelassen hat
Fall 2: Es ist nicht deutlich erkennbar, wo die Stadt aufhört, weil sich noch Gärten, Ruinen und vereinzelt Häuser anschließen. Hier gilt man bereits als Reisender.


Land- und Wüstenbewohner

Sind die Häuser oder Zelte aneinandergereiht, ist das letzte davon maßgebend. Ist man weit und breit allein, gilt man als Reisender, sobald man sein Haus bzw. Zelt verlassen hat. 


Ab welcher Wegstrecke ist es eine Reise?

Man gilt als Reisender, sobald man den Wohnort verlassen hat. Die Mindestreisedistanz für eine Reise ist nach Mehrheitsmeinung vier Barid (etwa 76,8 km).


Das Urteil über das Kürzen der Gebete

Auf der Reise ist es gemäß den allermeisten Gelehrten Sunnah, diejenigen Gebete, die aus vier Rak’ah (Zuhr, ‚Asr, ‘Iša‘) bestehen, auf zwei Rak’ah zu kürzen.


Das Salah als Ansässiger beginnen, aber während des Verrichtens zum Reisenden werden

Befindet man sich in einem Schiff am Hafen, ist man solange ansässig, bis das Schiff losfährt. Hat man kurz vor dem Losfahren ein Gebet als Ansässiger begonnen, stellt sich die Frage, wie man es nun, inzwischen zum Reisenden geworden, zu Ende führt. Ein Grundsatz lautet: „Gewissheit wird nicht durch Zweifel beseitigt“. Es ist nicht sicher (Zweifel), dass man die Erlaubnis hat, das Gebet zu kürzen, deshalb bleibt man dabei, dass man sein Gebet vervollständigt (Gewissheit). 

Nach Beginn der Gebetszeit abreisen bzw. zu Hause ankommen

Wenn man nach Beginn der Gebetszeit abreist, dann verrichtet man in diesem Fall das Gebet als Reisegebet.
D. h. hier kommt es darauf an, wo man sich gerade befindet: Ist man auf der Reise, verrichtet man ein Reisegebet, auch wenn man erst nach Beginn der Gebetszeit abreiste. Ist man zu Hause angekommen, betet man vollständig, auch wenn man zu Beginn der Gebetszeit noch auf der Reise war.


Sich auf der Reise an ein versäumtes Gebet erinnern

Erinnert man sich auf der Reise an ein zuhause vergessenes Gebet, hat man es vollständig, d.h. ungekürzt, nachzuholen, denn es muss genau so verrichtet werden, wie es zu dem Zeitpunkt als es einem zur Pflicht wurde hätte verrichtet werden müssen. Erinnert man sich zu Hause daran, auf der Reise ein Gebet vergessen zu haben, hat man es ebenfalls vollständig zu verrichten, in diesem Falle, weil nicht sicher ist, ob es als Reisegebet verrichten darf. So geht man sicher. Erinnert man sich auf einer neuen Reise an ein Gebet, das man auf einer anderen Reise vergessen hat, verrichtet man es als Reisegebet. 

Als Reisender hinter einem Ansässigen beten

عَنْ مُوسَى بْنِ سَلَمَةَ، قَالَ: كُنَّا مَعَ ابْنِ عَبَّاسٍ بِمَكَّةَ ، فَقُلْتُ: إِنَّا إِذَا كُنَّا مَعَكُمْ صَلَّيْنَا أَرْبَعًا، وَإِذَا رَجَعْنَا إِلَى رِحَالِنَا صَلَّيْنَا رَكْعَتَيْنِ . قَالَ: “ تِلْكَ سُنَّةُ أَبِي الْقَاسِمِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّم

 Musa Ibn Salamah sagte: „Wir waren mit Ibn ‚Abbas zusammen in Makkah. Ich sagte:,Wenn wir mit euch sind, beten wir vier (Rak’ah) und wenn wir zu unserem Lagerplatz zurückgehen, beten wir (nur) zwei (Rak’ah)?!‘ Er sagte: ,Dies ist die Sunnah von ‚Abul-Qasim.‘

Das Gebet wird also vollständig gebetet und ist im Falle, dass man sich zu einem Zeitpunkt nach dem Beginn des Gebetes anschließt nach dem Taslim des Imams zu vervollständigen. Es gibt jedoch eine Fallunterscheidung: schließt man sich an, ohne eine einzige Rak’ah erreicht zu haben, kommt es auf die Absicht an. Hatte man die Absicht zu vervollständigen, muss man dieses auch tun, ansonsten kann man zwei Rak’ah beten. Betet man von Anfang an hinter einem Ansässigen und muss aus bestimmten Gründen das Gebet abbrechen, ist er danach dazu verpflichtet, es vollständig zu beten. 

Erreicht man vom Gebet des Imam die zweite Rak’ah des Magrib- Gebetes, darf man hinter ihm als Reisender kein Iša‘-Gebet verrichten, da der Unterschied beider Gebete, das des Imam und das des Ma’mum (vom Imam im Gebet Geleiteter), sich sowohl äußerlich als innerlich zeigt: Außerlich, weil der Imam zum Tašahhud sitzen wird, obwohl der Ma’mum nicht sitzen würde, und innerlich in Bezug auf die Absicht, um welches Gebet es geht. Das ist die Ansicht der Mehrheit der Gelehrten.

Dasselbe gilt für Folgendes: Ein Reisender verrichtet mit dem ‚Imam im ‚Iša‘ drei Rak’ah, beendet dann sein Gebet und verrichtet mit dem ‚Imam eine Rak’ah aufgrund seines ‚Iša‘-Gebetes. Alle Gelehrten sind sich einig, dass ein solches Gebet ungültig ist, da der Ma’mum sein Gebet absichtlich vor dem Imam beendet hat.


Als Reisender hinter einem Reisenden beten

Verrichtet man als Reisender ein Gebet hinter einem Reisenden, gibt es kein Problem, da beide ein gleiches Gebet verrichten. Beabsichtigt man jedoch das Gebet zu vervollständigen ist man dazu verpflichtet, auch wenn der Vorbeter kürzt.


Absicht, an einem Ort vier oder mehr Tage zu bleiben

Man gilt als gesetzlich Ansässiger und betet die Gebete vollständig.


Unbestimmte Aufenthaltsdauer

Wenn man nicht weiß, wie lange man an einem Ort bleiben wird, müssen wir unterscheiden:

1. Man weiß nicht, wie lange man bleibt, aber es ist klar, dass es auf jeden Fall mehr als vier Tage sein werden. In diesem Fall gilt man als ansässig, und zwar, sobald man am Ziel angekommen ist, und nicht erst vier Tage danach, wie manche denken.

2. Man weiß nicht, wie lange man bleiben wird, es kann 1 Tag sein, aber auch mehr. In diesem Fall kürzt man sein Gebet während der ganzen Zeit, auch wenn es ein Jahr wäre, wie Ibn ‚Umar, als er in Aserbaidschan war, und 2 oder 4 Monate lang nur 2 Rak’ah betete.


Zwischen zwei Wohnorten pendeln

Hat man zwei Wohnorte, die mehr als Reisedistanz voneinander entfernt liegen, darf man auf dem Weg vom einen zum anderen sein Reisegebet verrichten, aber nicht, sobald man angekommen ist.


Den längeren von zwei Wegen wählen

Es ist möglich, dass man über zwei Wege zu seinem Ziel reisen kann, wobei der eine so lang ist, dass man als Reisender gelten würde, der andere nicht. In diesem Fall gilt man nur als Reisender, wenn man den längeren Weg wählt.


Wenn man an einem Ort unerwartet aufgehalten wird

Wenn man unerwartet an einem Ort aufgehalten wird, gilt man weiterhin als Reisender und darf sein Gebet kürzen. Sobald man aber vorhat, mindestens vier Tage zu bleiben, gilt man als Ansässiger.