Das Bedecken der ‚Aurah
Die Pflicht, die ‚Aurah (Scham) zu bedecken
Allah sagt:
يَبَنِي ءَادَمَ خُذُوا زِينَتَكُمْ عِندَ كُلِّ مَسْجِدٍ
„O Kinder Adams, habt eine gepflegte Erscheinung an jeder Gebetsstätte!“ (7:31)
‚Aurah ist der Teil, den man sich schämen sollte, anderen zu zeigen als der eigenen Ehefrau/dem eigenen Ehemann. Der deutsche Begriff ,,Schamteile“ wird in der Regel nur für die Geschlechtsorgane selbst verwendet, aber hier ist der ganze Bereich gemeint, den man anderen nicht zeigen darf.
عَنْ أُمِّ سَلَمَةَ أَنَّهَا سَأَلَتْ النَّبِيَّ صَلَّى اللهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ أَتُصَلِّي الْمَرْأَةُ فِي دِرْعٍ وَخِمَارٍ لَيْسَ عَلَيْهَا إِزَارٌ قَالَ إِذَا كَانَ الدِّرْعُ سَابِغا يُغَطِّي ظُهُورَ قَدَمَيْهَا
‚Umm Salamah fragte den Propheten (Frieden und Segen auf ihm) Folgendes: „Darf eine Frau in einem Hauskleid und mit Kopftuch beten, auch wenn sie keinen Überwurf anhat?“ Er sagte: „(Ja) wenn dieses Kleid die Oberseite ihrer beiden Füße bedeckt.„
In Wirklichkeit besteht die Information aus der Aussage von ‚Umm Salamah selbst, nicht aus der Antwort des Propheten. Insofern war auch sie die Befragte.
Nahezu alle Gelehrten sind sich darüber einig, dass die ‚Aurah bedeckt sein muss. Sie nicht zu bedecken, ist eine Sünde und das Salah ist fasid.
عَنْ عَائِشَةَ عَنْ النَّبِيِّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ أَنَّهُ قَالَ لَا يَقْبَلُ اللَّهُ صَلَاةَ حَائِضٍ إِلَّا بِخِمَارٍ
A’ischah berichtet, dass der Prophet (Frieden und Segen auf ihm) sagte: „Allah nimmt das Gebet einer Frau, die bereits ihre Periode bekommt, nicht ohne einen Himar an.„
Bedingungen für das bedeckende Material
Die Kleidung des Betenden muss so beschaffen sein, dass man die ‚Aurah bzw. die Haut darunter nicht sehen kann. Kleidung ist ausreichend, wenn sie weit ist und die Figur nicht nachzeichnet. Dabei muss man allerdings aufpassen, dass die Kleidung bei den Füßen nicht so weit geschnitten ist, dass die ‚Aurah in bestimmten Positionen zum Vorschein kommt.
Ebenso besteht Übereinkunft darüber, dass eine Frau keine eng anliegende Kleidung tragen darf. Figur betonende Kleidung kann sehr gefährlich sein, da sie auch bei an sich korrekt bedeckter ‚Aurah die Blicke auf sich zieht.
Wenn nun jemand während des Gebetes enganliegende, aber die ‚Aurah bedeckende Kleidung trägt, ist das Gebet gültig, die Person hat jedoch gesündigt.
Die ‚Aurah im Salah
- Die ‚Aurah des Mannes liegt zwischen Bauchnabel und Knie. Beide gehören dabei nicht mehr zu ‚Aurah.
- Es ist mustahabb (empfohlen) für den Mann, beim Gebet mindestens zwei Kleidungsstücke zu tragen, eines für den Oberkörper (Rida‘), und eines für den Unterkörper (‚Izar) genannt. Betet man allerdings in einem einzigen Kleidungsstück, ist dies richtigerweise ausreichend, wenn es die ‚Aurah bedeckt.
- Es sollte bezüglich der Kleidung unterschieden werden, ob man sich unter Leuten befindet oder allein zu Hause. Zu Hause mag es ausreichen, wenn man die ‚Aurah minimal bedeckt. Außerhalb könnte dies als Sittenwidrigkeit gewertet werden. Dies gilt auch für Leute, die in ihrer Schlafkleidung zum Morgen- oder ‚Asr-Gebet kommen, Fällt einem ‚Imam eine solche Nachlässigkeit auf, weist er die Betreffenden auf schöne Weise darauf hin, Auch wenn man Arbeitskleidung zu tragen pflegt, ist es empfohlen für das Gebet saubere Kleidung anzuziehen. Außerdem gilt seine Schultern nicht zu bedecken, obwohl man dazu in der Lage ist, als makruh.
Die ‚Aurah der Frau
Die ‚Aurah der Frau im Gebet ist alles außer das Gesicht und die Hände.
عَنْ عَائِشَةَ عَنْ النَّبِيِّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ أَنَّهُ قَالَ لَا يَقْبَلُ اللَّهُ صَلَاةَ حَائِضٍ إِلَّا بِخِمَارٍ
A’ischah berichtet, dass der Prophet (Frieden und Segen auf ihm) sagte: „Allah nimmt das Gebet einer Frau, die bereits ihre Periode bekommt, nicht ohne einen Khimar an.
Der Prophet machte die Gültigkeit des Salah vom Tragen des Kopftuchs abhängig und nicht vom Bedecken des Gesichts und der Hände, und er ordnete an, dass man sich auf Gesicht und Hände niederzuwerfen hat. Und was die Füße angeht, so wurde angeordnet, sie zu bedecken. Schaut ein Mann die Frau während des Gebetes an, lastet die Sünde auf ihm und nicht auf ihr. Mit Khimar ist ein Tuch gemeint, welches das gesamte Haar bedeckt. Es dürfen keine Haare rausschauen und es muss so gewickelt sein, dass Ohren und Hals bedeckt sind.
Wenn die ‚Aurah sichtbar wird
Wenn man seine ‚Aurah während des Gebetes absichtlich offenlegt, ist das Gebet ungültig, außer, wenn es dafür eine Notwendigkeit gab oder es dringend war. Eine solche Ausnahme wäre beispielsweise, wenn man aus Armut nicht genügend Stoff zum Bedecken zur Verfügung hätte.
Hat man vergessen die ‚Aurah korrekt zu bedecken oder dass sie sich bei einer Bewegung unbemerkt von selbst entblößt, bleibt das Gebet gültig. Sollte sich eine kleine Stelle der ‚Aurah abdecken, ist dies unerheblich, weil es in der Regel schwierig ist, es komplett zu verhindern.
Verbotene Kleidung
Wenn die Kleidung, die man trägt, verboten ist, weil sie beispielsweise gestohlen wurde oder aus einem Material besteht, das man nicht tragen darf, bleibt das Gebet gemäß der Mehrheit der Gelehrten dennoch gültig.
Zu wenig Kleidung zum Bedecken der gesamten ‚Aurah
Hat jemand nur wenig Kleidung bzw. Stoff zur Verfügung, so dass er seine ‚Aurah nicht vollkommen bedecken kann, so verhüllt er als erstes das Geschlechtsorgan und das Gesäß. Reicht die Kleidung nur für eines von beidem, ist es besser, das Gesäß zu bedecken, denn insbesondere im Sujud ist das Geschlechtsorgan im Gegensatz zum Gesäß, d. h. dem After, ohnehin verborgen. Wer die umgekehrte Priorität setzt, stellt die Problematik in den Vordergrund, dass im Stehen besonders die Geschlechtsteile auffallen.
Ein Gebet, bei dem man seine ‚Aurah beispielsweise mangels genügender Kleidung nicht korrekt bedecken konnte ist gültig, selbst wenn man vor Verstreichen der Zeit noch Kleidungsstücke finden würde. Kann man aber vor Verrichten des Gebetes davon ausgehen, dass man noch vor Ende der Zeit Kleidung auftreiben kann, wartet man ab.
Manche Gelehrte bevorzugen, dass in solchen Fällen das Gebet später sicherheitshalber, also nicht verpflichtend, wiederholt wird. Die Bedingung, die Gebetszeit einzuhalten, hat Vorrang gegenüber der Bedingung, die ‚Aurah zu bedecken.
Kleider geschenkt oder geliehen bekommen
Wird einer Person bei einer solchen Gelegenheit ein Stück Kleidung zum Bedecken als Geschenk oder zur Leihe angeboten, muss sie dieses annehmen und darf sich nicht weigern, weil es ihre Pflicht ist, die ‚Aurah, falls möglich, zu bedecken. Eine Regel lautet: „Alles, was getan werden muss, um eine Wagib-Handlung (Pflichthandlung) ordnungsgemäß zu verrichten, ist ebenfalls wagib (verpflichtend)“.