Mittel 4: Das Nachdenken über die Verse und Bittgebete
Der Qur’an wurde offenbart, damit man darüber nachdenkt. Allah (Gepriesen und Erhaben ist Er) sagt:
كِتَـٰبٌ أَنزَلْنَـٰهُ إِلَيْكَ مُبَـٰرَكٌۭ لِّيَدَّبَّرُوٓا۟ ءَايَـٰتِهِۦ وَلِيَتَذَكَّرَ أُو۟لُوا۟ ٱلْأَلْبَـٰبِ
„Es ist ein Buch voll des Segens, das Wir zu dir herabgesandt haben, auf dass sie über seine Verse nachdenken, und auf dass diejenigen ermahnt werden mögen, die verständig sind.“ [38:29]
Kein Mensch kann über die Verse nachsinnen, solange man nicht etwas Wissen über ihre Bedeutung hat, so dass er darüber nachdenkt und zu Tränen bewegt wird. Allah (Gepriesen und Erhaben ist Er) sagt:
وَٱلَّذِينَ إِذَا ذُكِّرُوا۟ بِـَٔايَـٰتِ رَبِّهِمْ لَمْ يَخِرُّوا۟ عَلَيْهَا صُمًّۭا وَعُمْيَانًۭا
„Und diejenigen, die, wenn sie mit den Zeichen ihres Herrn ermahnt werden, deswegen nicht wie taub und blind darauf stürzen.“ [25:73]
Daher ist die Relevanz des Studiums von Tafsir (Qur’anerläuterungen) ziemlich klar. Ibn Dscharir (Möge Allah sich seiner erbarmen) sagte: „Ich bin erstaunt über Leute, die den Qur’an lesen und nicht wissen, was er bedeutet. Wie können sie es genießen zu lesen?“ (Muqaddimat Tafsir al-Tabari von Mahmud Schakir)
إِن تُعَذِّبْهُمْ فَإِنَّهُمْ عِبَادُكَ ۖ وَإِن تَغْفِرْ لَهُمْ فَإِنَّكَ أَنتَ ٱلْعَزِيزُ ٱلْحَكِيمُ
„Wenn Du sie bestrafst, sind sie Deine Diener, und wenn Du ihnen verzeihst, bist Du wahrlich der Allmächtige, der Allweise.“ [5:118]
Ein anderer Weg, welcher hilft über die Bedeutung nachzudenken, ist die Wiederholung der Verse aus dem Qur’an, weil dies hilft, tief nachzudenken und nochmals auf die Bedeutung zu schauen. Der Prophet (Frieden und Segen auf ihm) machte dies gewöhnlich. Es wird überliefert, dass er eine Nacht damit verbrachte, eine einzige Ayah bis früh morgens zu wiederholen. Der Vers war folgender:
Weiterhin kann man sich dadurch helfen, indem man die Verse auf sich einwirken lässt. Hudhayfah (Allahs Wohlgefallen auf ihm) sagte:
عَنْ حُذَيْفَةَ، قَالَ صَلَّيْتُ مَعَ النَّبِيِّ صلى الله عليه وسلم ذَاتَ لَيْلَةٍ فَافْتَتَحَ الْبَقَرَةَ فَقُلْتُ يَرْكَعُ عِنْدَ الْمِائَةِ . ثُمَّ مَضَى فَقُلْتُ يُصَلِّي بِهَا فِي رَكْعَةٍ فَمَضَى فَقُلْتُ يَرْكَعُ بِهَا . ثُمَّ افْتَتَحَ النِّسَاءَ فَقَرَأَهَا ثُمَّ افْتَتَحَ آلَ عِمْرَانَ فَقَرَأَهَا يَقْرَأُ مُتَرَسِّلاً إِذَا مَرَّ بِآيَةٍ فِيهَا تَسْبِيحٌ سَبَّحَ وَإِذَا مَرَّ بِسُؤَالٍ سَأَلَ وَإِذَا مَرَّ بِتَعَوُّذٍ تَعَوَّذَ ثُمَّ رَكَعَ فَجَعَلَ يَقُولُ “ سُبْحَانَ رَبِّيَ الْعَظِيمِ “ . فَكَانَ رُكُوعُهُ نَحْوًا مِنْ قِيَامِهِ ثُمَّ قَالَ “ سَمِعَ اللَّهُ لِمَنْ حَمِدَهُ “ . ثُمَّ قَامَ طَوِيلاً قَرِيبًا مِمَّا رَكَعَ ثُمَّ سَجَدَ فَقَالَ “ سُبْحَانَ رَبِّيَ الأَعْلَى “ . فَكَانَ سُجُودُهُ قَرِيبًا مِنْ قِيَامِهِ
„Ich betete mit dem Gesandten Allahs (Frieden und Segen auf ihm) eines Nachts […] er las lange. Wenn er ein Vers rezitierte, welcher von Lobpreisung sprach, sagte er Subhana Allah; wenn der Vers eine Frage erwähnte, stellte er eine Frage; wenn der Vers von Zuflucht bei Allah sprach, ersuchte er Zuflucht bei Allah.“
Bezüglich einer anderen Überlieferung sagte Hudhayfah: „Ich betete mit dem Gesandten Allahs (Frieden und Segen auf ihm) und wenn er ein Vers las, welcher von Barmherzigkeit sprach, bat er um Barmherzigkeit; wenn er ein Vers las, welcher von Strafe sprach, suchte er Zuflucht bei Allah und wenn er ein Vers las, indem Allah seine Göttlichkeit bekräftigte entgegen der Vermenschlichung, sagte er Subhana Allah.“
Dies wurde in Bezug auf das Nachtgebet überliefert. Einer von den Sahaba, betete das Gebet in der Nacht und rezitierte nichts anderes außer Qul Huwa Allahu Ahad, diese Sure wiederholend und nichts zusätzlich lesend.
عَنْ أَبِي سَعِيدٍ الْخُدْرِيِّ، أَنَّهُ سَمِعَ رَجُلاً، يَقْرَأُ {قُلْ هُوَ اللَّهُ أَحَدٌ} يُرَدِّدُهَا فَلَمَّا أَصْبَحَ غَدَا إِلَى رَسُولِ اللَّهِ صلى الله عليه وسلم فَذَكَرَ ذَلِكَ لَهُ وَكَأَنَّ الرَّجُلَ يَتَقَالُّهَا فَقَالَ رَسُولُ اللَّهِ صلى الله عليه وسلم “ وَالَّذِي نَفْسِي بِيَدِهِ إِنَّهَا لَتَعْدِلُ ثُلُثَ الْقُرْآنِ
„Ich hörte Sa’id Ibn Dschubair sie im Gebet während des Monats Ramadan leiten, und er rezitierte diesen Vers:
ٱلَّذِينَ كَذَّبُوا۟ بِٱلْكِتَـٰبِ وَبِمَآ أَرْسَلْنَا بِهِۦ رُسُلَنَا ۖ فَسَوْفَ يَعْلَمُونَ ٧٠ إِذِ ٱلْأَغْلَـٰلُ فِىٓ أَعْنَـٰقِهِمْ وَٱلسَّلَـٰسِلُ يُسْحَبُونَ ٧١ فِى ٱلْحَمِيمِ ثُمَّ فِى ٱلنَّارِ يُسْجَرُونَ ٧٢
,‚(Es sind) jene, die weder an das Buch noch an das glauben, womit Wir Unsere Gesandten geschickt haben. Bald aber werden sie es wissen , wenn die Eisenfesseln und Ketten um ihren Nacken (gelegt) sein werden. Sie werden gezerrt werden in siedendes Wasser; dann werden sie ins Feuer gezogen werden.’ [40:70-72]“
Al-Qasim sagte: „Ich sah Sa’id Ibn Dschubair das Gebet in der Nacht beten und folgendes rezitieren:
وَٱتَّقُوا۟ يَوْمًۭا تُرْجَعُونَ فِيهِ إِلَى ٱللَّهِ ۖ ثُمَّ تُوَفَّىٰ كُلُّ نَفْسٍۢ مَّا كَسَبَتْ وَهُمْ لَا يُظْلَمُونَ
‚Und fürchtet den Tag, an dem ihr zu Allah zurückgebracht werdet. Dann wird jeder Seele das zurückerstattet, was sie erworben hat, und ihnen wird kein Unrecht geschehen.’ [2:281]
Er wiederholte diesen zwanzig Mal.“
Ein Mann von den Qays, der mit dem Beinamen Abu Abdullah bekannt war, sagte: „Wir blieben mit al-Hasan eine Nacht zusammen, und er stand zum Gebet in der Nacht auf. Er betete und hörte nicht auf die folgende Ayah zu wiederholen, und zwar solange bis der Sonnenaufgang anbrach:
وَءَاتَىٰكُم مِّن كُلِّ مَا سَأَلْتُمُوهُ ۚ وَإِن تَعُدُّوا۟ نِعْمَتَ ٱللَّهِ لَا تُحْصُوهَآ ۗ إِنَّ ٱلْإِنسَـٰنَ لَظَلُومٌۭ كَفَّارٌۭ
‚Und Er gab euch alles, was ihr von Ihm begehrtet; und wenn ihr Allahs Wohltaten aufzählen wolltet, würdet ihr sie nicht vollständig erfassen können. Siehe, der Mensch ist wahrlich frevelhaft, undankbar.’ [14:34]
Als der Morgen kam, sagten wir: ‚O Abu Sa’id, du hast die ganze Nacht über nichts anderes gelesen als diese einzige Ayah.’ Er sagte: „Ich lerne sehr viel von diesem Vers. Ich blicke nicht auf etwas, außer ich sehe einen Segen darin, aber das, was wir über Allahs Segen nicht wissen, ist weitaus größer.’“ (Al-Tidhkar li’l-Qurtubi, S. 125).
Harun ibn Rabab al-Usaydi stand gewöhnlich nachts auf, um Tahadschud zu beten, und er wiederholte folgende Ayah bis zum Tagesanbruch:
وَلَوْ تَرَىٰٓ إِذْ وُقِفُوا۟ عَلَى ٱلنَّارِ فَقَالُوا۟ يَـٰلَيْتَنَا نُرَدُّ وَلَا نُكَذِّبَ بِـَٔايَـٰتِ رَبِّنَا وَنَكُونَ مِنَ ٱلْمُؤْمِنِينَ
„Und wenn du nur sehen könntest, wie sie vor das Feuer gestellt werden! Dann werden sie sagen: ‚Ach, würden wir doch zurückgebracht! Wir würden dann die Zeichen unseres Herrn nicht für Lüge erklären, und wir würden zu den Gläubigen zählen.’“ [6:27]. Dabei weinte er bis zum Tagesanbruch.
Ein anderer Weg sich dabei zu helfen, über die Bedeutung des Qur’ans nachzudenken, ist das Auswendiglernen des Qur’an und verschiedener Adhkar
(Arten des Gedenkens wie z.B. subhanallah etc.), die man in den verschiedenen Teilen des Gebetes liest, so dass man diese rezitiert und über die Bedeutung nachsinnen kann. Es gibt keinen Zweifel daran, dass diese Taten – Nachdenken über die Bedeutung, das Wiederholen und Einwirken lassen der Worte – unter den größten Mitteln sind, die zum Steigern des Khuschu führen, so wie Allah (Gepriesen und Erhaben ist Er) sagt:
وَيَخِرُّونَ لِلْأَذْقَانِ يَبْكُونَ وَيَزِيدُهُمْ خُشُوعًۭا ۩
„Und weinend fallen sie anbetend auf ihr Angesicht nieder, und ihre Demut nimmt zu.“ [17:109]
Das nun Folgende ist eine bewegende Geschichte, welcher Art Khuschu des Propheten (Frieden und Segen auf ihm) war. Ebenso zeigt sie, wie sehr es verbindlich ist, über die Bedeutung der Verse nachzudenken.
Ata sagte: „Ubayd ibn Umayr und Ich traten zu Aischa (Allahs Wohlgefallen auf ihr) und Ibn Umayr sagte zu ihr: ‚Erzähle uns über die am meisten erstaunliche Sache, die du am Propheten (Frieden und Segen auf ihm) gesehen hast.’ Sie weinte und sagte: ‚Er stand eines nachts auf und sagte: ‚O Aischa, lass mich gehen, um meinen Herrn anzubeten.’ Ich sagte: ‚Bei Allah, ich liebe es, dir nahe zu sein, und ich liebe das, was dich glücklich macht.’ Somit stand er auf und reinigte sich, danach stand und betete er. Er weinte solange, bis sein Schoß nass wurde. Danach weinte er solange weiter, bis der Boden nass wurde. Bilal kam, um ihm zu sagen, dass es Zeit war für das Gebet. Als er ihn weinend sah, sagte er: ‚O Gesandter Allahs, du weinst, obwohl Allah alle deinen vergangenen und zukünftigen Sünden vergeben hat?’ Er sagte: „Soll ich nicht ein dankbarer Diener sein? Heute Nacht wurden mir einige Verse offenbart; wehe demjenigen, der sie liest und nicht darüber nachdenkt, was in ihnen ist: ‚In der Schöpfung der Himmel und der Erde und in dem Unterschied von Nacht und Tag liegen wahrlich Zeichen für diejenigen, die Verstand besitzen,’ [3:190]“ (Siehe Tafsir ibn Kathir für den Vers 190, Sure 3 (Ali Imran))
Ein Beispiel der Interaktion mit den Versen, ist das Aufsagen von „Amin“ nach Sura al-Fatiha, was einen großen Lohn einbringt. Der Gesandte Allahs (Frieden und Segen auf ihm) sagte:
„Wenn der Imam „Amin“ sagt, so sagt ihr auch „Amin“; denn demjenigen, von dem „Amin“ gerade mit dem „Amin“ der Engel ausgesprochen wird, werden alle von ihm in der Vergangenheit begangenen Sünden vergeben.“
عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ، عَنِ النَّبِيِّ صلى الله عليه وسلم قَالَ „ إِذَا أَمَّنَ الْقَارِئُ فَأَمِّنُوا، فَإِنَّ الْمَلاَئِكَةَ تُؤَمِّنُ، فَمَنْ وَافَقَ تَأْمِينُهُ تَأْمِينَ الْمَلاَئِكَةِ غُفِرَ لَهُ مَا تَقَدَّمَ مِنْ ذَنْبِهِ
Ein anderes Beispiel ist das Entgegnen des Imam, wenn er „Sami’ Allahu liman hamidah“ (Allah hört den, der Ihn lobpreist) sagt; die Mitglieder des Gemeinschaftsgebetes sollten „Rabbana wa laka’l-hamd“ (O unser Herr, alles Lob gebührt Dir) sagen. Diese Tat bringt ebenfalls einen großen Lohn ein. Rifa‘a Ibn Rafi‘ Az-Zarqyy berichtete:
عَنْ رِفَاعَةَ بْنِ رَافِعٍ الزُّرَقِيِّ، قَالَ كُنَّا يَوْمًا نُصَلِّي وَرَاءَ النَّبِيِّ صلى الله عليه وسلم فَلَمَّا رَفَعَ رَأْسَهُ مِنَ الرَّكْعَةِ قَالَ “ سَمِعَ اللَّهُ لِمَنْ حَمِدَهُ “. قَالَ رَجُلٌ وَرَاءَهُ رَبَّنَا وَلَكَ الْحَمْدُ، حَمْدًا كَثِيرًا طَيِّبًا مُبَارَكًا فِيهِ، فَلَمَّا انْصَرَفَ قَالَ “ مَنِ الْمُتَكَلِّمُ “. قَالَ أَنَا. قَالَ “ رَأَيْتُ بِضْعَةً وَثَلاَثِينَ مَلَكًا يَبْتَدِرُونَهَا، أَيُّهُمْ يَكْتُبُهَا أَوَّلُ
„Wir beteten eines Tages hinter dem Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, und als er sein Haupt nach der ersten Rak‘ah aufrichtete, sagte er: „Sami`a l-lahu liman hamidah (Allah hört den, der Ihn lobpreist).“ Ein Mann, der hinter ihm stand, sagte:“Rabbana walaka-l-hamd, hamdan kathiran taiyiban mubarakan fihi (O unser Herr, und Dir gebührt alles Lob, vielfaches, gutes und segenvolles Lob).“ Nach Beendigung des Gebets fragte der Prophet: „Wer hat gesprochen?“ Der Mann sagte: „Ich war es!“ Der Prophet sagte darauf: „Ich sah mehr als dreißig Engel, die darum wetteiferten, wer von ihnen der erste sein soll, der diese Worte niederschreibt!““